Als ich im Januar im Fernseher die Bilder von Lützerath sah, wo die Menschen gegen den Braunkohleabbau protestierten, da hörte ich in den Stimmen der jungen Menschen, die dort interviewt wurden, nicht nur Widerstandswillen und Entschlossenheit. Ich hörte auch eine gewisse Wut heraus. Eine Wut, wie sie aus Frustration entsteht. Und ich habe überlegt, woher diese Wut, diese Frustration kommt.
Die Generation Z hat andere Lebensziele als wir – na und?
Wesentlich getragen wurden die Proteste von der Generation Z, der zwischen 1997 und 2012 Geborenen. Ihre Vorgängergeneration, die Millennials, zu der auch ich gehöre, wurde von manchen despektierlich als Generation „Snowflake“ bezeichnet: Bei der geringsten Belastung würden sie dahinschmelzen wie Schneeflöckchen. Dafür aber hätten sie ein hohes Anspruchsdenken. Der Generation Z wiederum haftet das Etikett „spaßorientiert“ an,
Mal ganz abgesehen von der Tatsache, dass noch jede Generation der nach ihr folgenden genau diese Dinge unterstellt hat – ich glaube, dass die jungen Leute heute wirklich eine andere Vorstellung davon haben, was sie vom Leben erwarten, als ihre Eltern. Aber auch das unterscheidet sie ganz bestimmt nicht von anderen Generationen.
Denken Sie einmal zurück: Wie viel von dem, was Ihre Eltern Ihnen vorgelebt haben, wollten Sie so übernehmen – und wie viel ganz bestimmt nicht?
Und was ist so falsch daran, dass die Generation Z nicht mehr den Benz vorm Reihenhaus im Neubaugebiet als Lebensziel vor Augen hat? Sondern Selbstbestimmtheit und eine Arbeit, die für sie Sinn macht, die purpose-driven ist. Und was ist so falsch daran, dass sie Lebensqualität über die Höhe des Gehalts stellt?
Es scheint zum Generationenvertrag zu gehören, dass die, die gerade „am Ruder“ sind, die schon etwas geleistet haben, die nachfolgende Generation abstempeln und nicht ernst nehmen. Und vor allen Dingen: nicht zuhören.
„Seid still, wenn Erwachsene reden!“ Das war doch im Grunde auch die Haltung vieler, als die Fridays-for-Future-Bewegung sich zu Wort meldete. „Lernt erstmal was!“
Was die Generation Z wirklich wütend macht
Und ich glaube, genau das ist es, was die Generation Z so wütend macht. Sie sagen: „Leute, es ist unsere Zukunft, die ihr hier vor unseren Augen abbaggert, wenn ihr nicht endlich umdenkt! Und ihr wollt uns noch nicht einmal zuhören?! Ihr wollt weiter so machen wie bisher, auf unsere Kosten – und wir sollen dazu schweigen?!“
Es ist die Wut, die in Greta Thunbergs Augen funkelte, als sie den Politikern auf dem UN-Klimagipfel ihr „How dare you?!“ entgegenschleuderte.
Und zu Recht: Wenn unsere Generation, wenn Sie und ich es nicht hinbekommen, die menschengemachte Erderwärmung zu stoppen, dann wird die Generation Z es live erleben, wie das Klima kippt – mit allen katastrophalen Folgen (siehe dazu meinen Blog „Regional angebaute Wassermelonen? Warum Sie sich darüber nicht freuen sollten“. Die Generation Z ist vielleicht die erste, die nicht darauf hoffen kann, dass sie es später einmal besser haben wird. Sie leben mit dem Gedanken: „Wenn wir Glück haben, bleibt es, wie es ist. Wenn nicht, wird’s schlimmer.“
Und deshalb möchte ich appellieren an alle Politiker, alle Unternehmer, alle, die es in der Hand haben, die Zukunft zu gestalten: Holen Sie die Generation Z an den Tisch, versetzen Sie sich in deren Lage, hören Sie ihr zu! Nicht nur, weil ich glaube, dass Sie und ich verantwortlich dafür sind, welche Welt wir ihr hinterlassen, sondern um zu hören, was sie vorzuschlagen hat. Ich bin sicher, so kommen noch ganz andere Lösungen auf den Tisch als die, an die wir selbst gedacht hätten.
Und Lösungsvorschläge können wir gerade gar nicht genug bekommen!
Heike Hundertmark